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Kudzu, Schlafbeere, Maca: Riskante Pflanzen in Nahrungsergänzungsmitteln

Stand:
Pflanzliche Zutaten sind der Renner bei Nahrungsergänzungsmitteln. Das zeigt die Auswertung von über 2.500 Anfragen und Beschwerden bei unserem Portal Klartext Nahrungsergänzung. Dabei sind die Mittel längst nicht so harmlos, wie die Werbung vermuten lässt.
Kudzu – die asiatische Hülsenfrucht
Zu exotischen Pflanzen wie der Kudzuwurzel liegen nur unzureichende Sicherheitsnachweise vor.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Nahrungsergänzungsmittel mit Pflanzen- und Kräuterextrakten machen einen harmlosen Eindruck – sind deswegen aber noch lange nicht ungefährlich.
  • Gesundheitsbezogene Werbung fördert oftmals die Kaufentscheidung für Produkte mit riskanten Zutaten. 
  • Die Erwartung der Verbraucher:innen, dass solche Produkte behördlich geprüft, zugelassen und sicher sind, müssen Gesetzgeber und Handel dringend erfüllen.
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Fragen auf dem Portal Klartext Nahrungsergänzung zu Produkten mit einem Potpourri aus Pflanzenstoffen zeigen: Die Mittel sind weiterhin Renner und es besteht erheblicher Informationsbedarf dazu. Häufig stehen den vollmundigen Werbeversprechen der Anbieter unzureichende Sicherheitsnachweise und riskante Zutaten gegenüber.

Klare gesetzliche Regelungen sind hier längst überfällig. Einer der Knackpunkte: Nahrungsergänzungsmittel müssen derzeit nicht zugelassen werden, ehe sie auf den Markt kommen. Vor allem Positivlisten auf Grundlage von Sicherheitsbewertungen von Pflanzenstoffen fehlen. Auch eine gezielte Überwachung dieser Produkte ist nötig.

Rein pflanzlich heißt nicht immer harmlos

In 2024 haben fast 6,6 Millionen Ratsuchende die Online-Angebote zu Nahrungsergänzungsmitteln genutzt.

Die Auswertung der vielen Anfragen und Beschwerden zeigt, dass Verbraucher:innen dringend Informationen zu den teilweise willkürlich zusammen gemixten Cocktails aus Pflanzenextrakten, Vitaminen, Mineralstoffen und diversen sonstigen Stoffen brauchen. Auch wenn viele der Produkte ganz natürlich daherkommen: Pflanzen und zum Teil hochkonzentrierte Pflanzenauszüge können durchaus gesundheitsschädlich wirken.

Zu vielen teils exotischen Pflanzen wie Kudzuwurzel, Schlafbeere (Ashwagandha, Withania somnifera) oder Maca liegen nur unzureichende Sicherheitsnachweise vor. Deren Inhaltsstoffe können sich zum Beispiel negativ auf den Hormonstoffwechsel oder den Blutdruck auswirken. Auch für den bisher als Lebensmittel nicht üblichen Hanf-Inhaltsstoff CBD fehlen - neben der Zulassung als neuartiges Lebensmittel - noch Sicherheitsbewertungen. Unklar bleibt zudem, wie ein Mix aus verschiedenen Pflanzenauszügen, Algen, Pilzen und sonstigen zugesetzten Stoffen miteinander reagiert.

Hinzu kommt, dass sich letzter Zeit Berichte von Leberschäden, verursacht durch diverse Pflanzenextrakte, häufen. Betroffen sind neben Kurkuma vor allem diese Pflanzen: Ashwagandha (Schlafbeere), Garcinia cambogia (Malabar Tamarinde), Grüntee, Kratom und Polygonum multiflorum (= vielblütiger chin. Knöterich, Fo Ti, Fo Tieng, He Shou Wu Pulver).

Konsequenterweise hat daher auch eine Arbeitsgruppe von EU-Lebensmittelüberwachungsbehörden im Juni 2024 einen Bericht vorgelegt. Darin beschreibt sie 117 Stoffe in Nahrungsergänzungsmitteln, die aufgrund ihrer möglicherweise gefährlichen Eigenschaften (karzinogen, mutagen, erbgutverändernd) ein Gesundheitsrisiko darstellen können. Daher sollten sie nicht oder nur eingeschränkt in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden. Für 12 Stoffe wird eine rechtsverbindliche Regelung als besonders dringend angesehen: Traubensilberkerze (Cimicifuga), Johanniskraut, Maca, Australischer Teebaum, Indisches Basilikum (Tulsi), Tribulus terrestris (Erdsternchen), Schlafbeere (Ashwagandha, Withania somnifera), Cumarin, Curcumin, Melatonin, Piperin, Synephrin und Tryptophan.

Darüber hinaus sind Wechselwirkungen von Pflanzenstoffen mit Medikamenten möglich. Ginkgo-Präparate können beispielsweise die Wirkung von blutverdünnenden Medikamenten beeinflussen. Häufig verwechseln Verbraucher:innen solche Nahrungsergänzungsmittel auch mit pflanzlichen Arzneimitteln und erwarten eine geprüfte Wirkung.

Gesundheitsbezogene Werbung fördert oft den Kauf von Produkten mit riskanten Zutaten

Eine repräsentative forsa-Studie im Auftrag der Verbraucherzentralen (2022) bestätigte den großen Einfluss von Werbung mit vermeintlich harmlosen Zutaten. Die große Mehrheit der Befragten entscheidet sich beim Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln in Drogerien, Apotheken oder Supermärkten wegen der Inhaltsstoffe und an zweiter Stelle wegen der Gesundheitsaussagen für ein Produkt. Alle Ergebnisse der Untersuchung finden Sie hier. In einer weiteren repräsentativen Befragung im Oktober 2024 wünschten sich 95 Prozent der Befragten, dass Nahrungsergänzungsmittel auf Sicherheit geprüft werden, bevor sie auf den Markt kommen, 55 Prozent der Befragten fühlen sich insgesamt sehr oder eher schlecht zu möglichen Gesundheitsrisiken von Nahrungsergänzungsmitteln informiert.

Die Kaufentscheidung fällt also oft, weil bestimmte Inhaltsstoffe in Gesundheitsblogs, Erfahrungsberichten oder (Fake-)Rezensionen in Onlineshops -  als besonders gesundheitsförderlich beworben werden. Auch Aussagen in sozialen Medien durch Influencer:innen spielen zunehmend eine Rolle. Aber sind solche Aussagen auch wahr? Zwar existiert mit der Health-Claims-Verordnung eine gesetzliche Grundlage, ob bzw. inwieweit gesundheitsbezogene Angaben zulässig sind. Doch stoppte die EU auf halber Strecke, ebenso wie bei der Frage nach zulässigen Stoffen. Während per Gesetz festgelegt ist, welche Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt werden dürfen, gibt es für "sonstige Stoffe" wie Pflanzen- oder Kräuterextrakte keine rechtsverbindlichen Regelungen.

Stattdessen verwies die EU auf Einzelfallentscheidungen durch die Kontrollbehörden der Länder. Ein nicht praxistauglicher Vorschlag - wie die vielen anhängigen Gerichtsverfahren bei CBD und Melatonin zeigen. Der gesundheitliche Verbraucherschutz kann nur durch ein Zulassungsverfahren gewährleistet werden, bei dem Sicherheit und Wirksamkeit der Produkte vor Markteinführung von den Herstellern belegt werden müssen.

Direktvertrieb und Internethandel: ständiges Ärgernis

Vollmundige, aber meist unhaltbare Gesundheitsversprechen und riskante Zutaten häufen sich insbesondere bei Produkten, die in Online-Shops oder im Direktvertrieb angeboten werden. Auch das zeigen die Anfragen und Beschwerden bei uns sowie die vielen Warnungen und Untersuchungen der Verbraucherzentralen und Behörden zu Nahrungsergänzungen mit gefährlichen, zum Teil illegalen Zutaten wie Sibutramin in Schlankheitskapseln oder Blaue-Pillen-Ersatz in Supplementen für die Männergesundheit.

 

Weiterführende Informationen:

 

Quellen:


Fontana R et al. (2023): AASLD practice guidance on drug, herbal, and dietary supplement–induced liver injury. Hepatology 77 (3): 1036-1065

Smati N et al. (2023): A Case of Turmeric-Induced Liver Injury. Ann Int Med, 21.11.2023

Ajitkumar A et al. (2023): Drug-Induced Liver Injury Secondary to Turmeric Use. Europ J Case Reports in Internal Medicine, 21.04.2023

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit BVL (2024): Gleiche Regeln für Nahrungsergänzungsmittel in Europa. Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörden legen Liste kritischer Stoffe vor. Pressemeldung vom 06.06.2024 (zuletzt abgerufen am 04.02.2025)

Bundesinstitut für Risikobewertung BfR (2024): Natürliche Giftstoffe in Lebensmitteln: Gesundheitliche Risiken sind vielen nicht bekannt. Pressemeldung 14/2024 vom 15.05.2024 (zuletzt abgerufen am 04.02.2025)

BfR (2024): Ashwagandha: Schlafbeeren-Präparate mit möglichen Gesundheitsrisiken. BfR-Mitteilung 39/2024 vom 10.09.2024 (zuletzt abgerufen am 04.02.2025)

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