Im Verfahren um Einsicht in Entscheidungsunterlagen zu massenhaften Kündigungen von Prämiensparverträgen ist die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) mit einer Klage gegen die Sparkasse Märkisch-Oderland unterlegen. Das verkündete das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) mit Urteil vom 18. Dezember 2024. Verbraucher:innen und der Öffentlichkeit bleibt somit der Einblick in Entscheidungen verwehrt, die tausende Sparverträge betreffen. In der mündlichen Verhandlung wurde offensichtlich, dass die Sparkasse ihren Verwaltungsrat nicht in die Entscheidung einbezogen hatte. Christian A. Rumpke, Chef der VZB, erklärt, weshalb er das für problematisch hält, was die Gesetzgebung dringend ändern muss und wie es jetzt weitergeht.
Relevante Missstände
„Das Verfahren offenbart gleich mehrere besorgniserregende Schiefstände“, sagt Brandenburgs oberster Verbraucherschützer Rumpke. „Zum einen weigert sich die Sparkasse, trotz ihrer Vorbildfunktion als Anstalt öffentlichen Rechts, simple Informationen über Entscheidungsprozesse preiszugeben. Zum anderen offenbart der Ausgang des Verfahrens gesetzliche Lücken, wodurch Verbraucher:innen Transparenz verwehrt bleibt“, so Rumpke. Hinzu komme die lange Verfahrensdauer, die kritisch zu sehen sei.
Intransparente Entscheidungsprozesse durch die Sparkasse
Die Verbraucherzentrale Brandenburg bemängelt, dass die Sparkasse Märkisch-Oderland eine Akteneinsicht ablehnt, die Auskunft über die Hintergründe der Massenkündigungen von Prämiensparverträgen geben könnte. So will die VZB nachvollziehen, wie es zu der Entscheidung für die Massenkündigungen gekommen ist.
Die Sparkasse beruft sich bei ihrer Verweigerungshaltung auf Geschäftsgeheimnisse sowie Wettbewerbsgründe. Das umfassende Schweigen des kommunalen Institutes über den Ablauf der Entscheidungsfindung widerspricht aus Sicht der Verbraucherzentrale einer Vorbildfunktion sowie dem Transparenzanspruch, den Bürger:innen an eine Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts stellen dürfen.
Mangelnde Transparenz einer kommunalen Institution
Rumpke sieht die Gesetzgebung in der Pflicht: „Die Sparkassen als kommunale Institute genießen im EU-Kontext noch eine Sonderrolle; neben einem besonderen Vertrauensbonus, insbesondere bei Sparprodukten, die der Altersvorsorge dienen. Denn Sparen und Vermögensbildung sind öffentlich-rechtlicher Auftrag laut Brandenburgischem Sparkassengesetz. Kündigt die Sparkasse ausgerechnet solche Produkte im großen Stil, stellt sich die Frage, ob sie die Belange der Bürger:innen ordnungsgemäß berücksichtigt hat. Nimmt der Verwaltungsrat hier keine kritische Rolle zugunsten sozialer Folgen ein, so unterscheiden sich die Sparkassen gar nicht mehr von anderen Banken.“
Dazu muss der Verwaltungsrat aber erst einmal einbezogen werden. In der mündlichen Gerichtsverhandlung am 18. Dezember 2024 wurde offensichtlich, dass dieses Aufsichtsgremium erst gar nicht in die Entscheidungsfindung eingebunden gewesen sein soll. Und das, obwohl Kündigungen von Sparverträgen dem öffentlich-rechtlichen Auftrag der Sparkasse widersprechen und damit nach Auffassung der VZB Grundsatzfragen der Geschäftspolitik betreffen. Sparkassen sollten zur Offenlegung ihrer Entscheidungen verpflichtet werden, die ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag betreffen, fordert die VZB. Dies müsse gesetzlich beispielsweise im Brandenburgischen Sparkassengesetz verankert und nachprüfbar sein. Dass das möglich wäre, zeigt ein rechtswissenschaftliches Gutachten, in Auftrag gegeben von Verbraucherzentralen aus drei Bundesländern.
Lange Verfahrensdauer untergräbt Vertrauen in Rechtsstaat
Mehr als fünf Jahre hat es seit der Klageeinreichung im April 2019 gedauert, bis der Antrag der Verbraucherzentrale auf Akteneinsicht im Prozess vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) entschieden wurde. „Eine derart lange Verfahrensdauer sehen wir als höchst problematisch an,“ sagt Rumpke. Verbraucher:innen hätten ein Recht auf Klarheit und müssten sich darauf verlassen können, dass sie dieses Recht in angemessener Zeit durchsetzen oder zumindest prüfen lassen könnten. So lange bei einer ersten Instanz im Unklaren zu sein, sei für Betroffene kaum zumutbar und könne dem Vertrauen in den Rechtsstaat schaden.
Nächste Schritte und Hintergrund
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die VZB wird sich weiter für die Rechte der Sparkassenkund:innen einsetzen und einen Antrag auf Berufung stellen. Hintergrund des Verfahrens ist die Kündigung von rund 3.000 Prämiensparverträgen durch die Sparkasse Märkisch-Oderland. Schätzungen zufolge haben allein im Land Brandenburg mindestens 50.000 Kund:innen Prämiensparverträge abgeschlossen.
In einem weiteren Verfahren zur Förderung der Transparenz hatte die VZB Akteneinsicht vom Ostdeutschen Sparkassenverband gefordert und ist mit einem im September 2024 ergangenen Urteil vorerst unterlegen. Auch hier plant die VZB den Gang in die nächste Instanz. Weitere Informationen zum Thema hat die VZB hier zusammengestellt.