Unterschiedliche Kündigungsmöglichkeiten
Um ein Vertragsverhältnis kündigen zu können, müssen Sie bestimmte Kündigungsfristen einhalten. Eine fristlose Kündigung ist normalerweise nur aus besonderen Gründen möglich. Bei Partnervermittlungsverträgen ist es jedoch nicht einfach, Kündigungsgründe zu benennen und dann auch noch zu beweisen. Denn ob nun der vorgeschlagene Partner eine zu lange Nase hat oder sein Benehmen nicht so war, wie Sie sich das vorgestellt haben - die möglichen Gründe können stark in den Intimbereich gehen. Es liegt also nahe, nach einem Kündigungsrecht mit sofortiger Wirkung und ohne die Notwendigkeit der Angabe von Gründen zu suchen.
§ 627 BGB gewährt ein solches außerordentliches Kündigungsrecht. Demnach können so genannte "Dienstverträge", die ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern voraussetzen, jederzeit mit sofortiger Wirkung und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Das gilt etwa bei Verträgen mit Ärzten, Rechtsanwälten oder Steuerberatern, aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für Verträge mit Partnervermittlungsinstituten.
Das ist auch dann der Fall, wenn in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Partnervermittlungsinstituts vermerkt ist, dass ein solches Kündigungsrecht nicht bestehen soll. Denn das außerordentliche Kündigungsrecht (Paragraph 627 BGB) kann durch eine Bestimmung im Kleingedruckten nicht ausgeschlossen werden.
- Außerordentliches Kündigungsrecht bei Online-Flirtportalen
Ein außerordentliches Kündigungsrecht gibt es bei Online-Flirtportalen in der Regel nicht. Denn das besondere Vertrauensverhältnis, welches für das außerordentliche Kündigungsrecht erforderlich ist, besteht nicht, wenn lediglich die Nutzung einer Plattform angeboten wird, auf der Profile eingestellt und die Profile anderer Nutzer eingesehen werden können.
- Außerordentliches Kündigungsrecht bei Online-Partnervermittlungen
Bei einer Partnervermittlung via Internet ist die Rechtslage dagegen etwas anders – hier sind sich die Gerichte uneinig:
Nach Ansicht einiger Gerichte besteht bei Online-Partnervermittlungen dann das erforderliche besondere Vertrauen, wenn weitere Dienste - wie beispielsweise Partnervorschläge oder Persönlichkeitstests - angeboten werden, für die der Nutzer insbesondere Auskünfte über seine eigene Person und die des gewünschten Partners angibt. So entschieden zum Beispiel das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 1. September 2015, Az. 13 C 168/15), das Amtsgericht Bremen (Urteil vom 3. Juli 2013, Az. 23 C 0106/13) und das Landgericht Traunstein (Urteil vom 10. April 04.2014, Az. 1 S 3750/13).
Andere Gerichte vertreten hingegen die Auffassung, dass die Angabe von sehr persönlichen Daten nicht ausreicht, damit eine besondere Vertrauensstellung besteht. Hierfür müssten die von Nutzer:innen gemachten Angaben durch Mitarbeiter:innen persönlich ausgewertet und die Partnervorschläge nicht lediglich von einem Algorithmus ermittelt werden. So entschieden etwa das Amtsgericht Hamburg (Urteil vom 6. April 2017, Az. 25b C 383/16), das Amtsgericht Potsdam (Urteil vom 9. Februar 2016, Az. 38 C 32/15) und das Amtsgericht Bonn (Urteil vom 22. September 2011, Az. 104 C 256/11).
Nach Ansicht des Amtsgerichts Schöneberg kommt es nicht darauf an, ob Kund:innen persönlichen Kontakt zu Mitarbeiter:innen der Partnervermittlung haben. Entscheidend sei, dass sie vertrauliche Informationen mitteilen, auf die auch die Mitarbeiter:innen der Partnervermittlung Zugriff haben. Nur dann bestehe ein außerordentliches Kündigungsrecht (Urteil vom 27. Januar 2010, Az. 104a C 413/09).
Diese Ansicht überzeugt. Für Verbraucher:innen macht es keinen Unterschied, ob die zugesandten Partnervorschläge aufgrund eines Abgleichs durch Mitarbeiter:innen oder mit Hilfe eines Computers erfolgten. Entscheidend ist das besondere Vertrauen der Suchenden in die Partnervermittlung. Das äußert sich dadurch, dass sie bereit sind, höchstpersönliche Details im Rahmen des Persönlichkeitstest preiszugeben. Mit gutem Grund lässt sich daher das Bestehen eines besonderen Vertrauensverhältnisses und somit eines außerordentlichen Kündigungsrechts bei Online- Partnervermittlungen bejahen.
Derzeit gibt es jedoch noch keine höchstrichterliche Klärung dieser Frage, so dass hier immer ein gewisses Risiko besteht, ob das jeweilige Gericht die Voraussetzungen für das außerordentliche Kündigungsrecht bejaht.