Erbschaft bekommen, Haus verkauft oder Lebensversicherung fällig? Eine größere Anlagesumme können Sie auch nutzen, um sich selbst eine Rente auszuzahlen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Optionen Sie haben.
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Das Wichtigste in Kürze:
- Sie haben verschiedene Möglichkeiten, aus einer Einmalanlage eine monatliche Geldzahlung zu erhalten – auch ohne teure private Rentenversicherung.
- Sicherheitsorientierte Anleger:innen können derzeit um die 3 Prozent Zinsen für Festgelder oder langfristige Auszahlpläne erhalten.
- Höhere Renditechancen wie Aktien-ETFs sind zwangsläufig mit höheren Risiken verbunden. Umso wichtiger ist eine breite Streuung über verschiedene Anlageklassen.
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Wer eine zusätzliche Rente benötigt, dem verkaufen Finanzvermittler in erster Linie private Rentenversicherungen, weil die Provisionen hier am höchsten sind. Doch es gibt auch Alternativen. Wir stellen auch die Möglichkeiten vor, die in den Verkaufsregalen nicht vorne liegen: Von Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung, über Auszahlpläne, Sparbriefe nach dem Baukastenprinzip und Renten- und Immobilienfonds bis hin zu chancenreichen – aber auch riskanteren – Investitionen mit ETFs am Aktienmarkt.
Option 1
Zusätzlich in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen
Wahrscheinlich denken Sie für Ihre Zusatzrente nicht als erstes an die gesetzliche Rentenversicherung. Tatsächlich sind zusätzliche Zahlungen hier meist aktuell rentabler als bei einer privaten Rentenversicherung.
- Bis zum 45. Lebensjahr können Sie Beiträge für Ausbildungszeiten nachzahlen.
- Ab dem 50. Lebensjahr können Sie Sonderzahlungen leisten, um eventuelle Rentenabschläge – also Reduzierungen der Rente – auszugleichen.
- Wer bislang nicht pflichtversichert ist, darf sich freiwillig versichern.
- Auch wer schon Rente bezieht, kann unter Umständen, wie Finanztest ausführlich erklärt, noch einzahlen.
In jedem Fall sollten Sie prüfen, ob Sie vielleicht Ihre gesetzliche Rente noch aufstocken können und wollen. Denn die erzielbare Rente ist bei der gesetzlichen Versicherung für denselben Betrag oft höher als bei privaten Versicherern.
Klären Sie Ihre Möglichkeiten am besten im Gespräch mit der Rentenversicherung ab. Beratungen dazu sind bundesweit kostenlos.
Option 1 bietet den Vorteil einer lebenslangen Rente, die unabhängig ist von den Entwicklungen am Kapitalmarkt. Ungewiss bleibt aber, ob und in welcher Höhe die Renten steigen. Es ist kaum ein Jahrzehnt vergangen, ohne dass die Politik eingreifende Reformen der gesetzlichen Rente beschlossen hat. In den letzten Jahren durften sich die Rentner:innen aber über real deutlich gestiegene Renten freuen. Erst seitdem die Inflationsrate ab 2022 stark angestiegen ist, blieben die Rentensteigerungen hinter den Preissteigerungen zurück.
Daneben gibt es im privaten Finanzsektor viele weitere Optionen.
Option 2
Eine private Rente bei einem Lebensversicherer abschließen
Private Versicherer bieten gegen Einmalbeitrag eine lebenslange Rente (Leibrente, sofort beginnende Rentenversicherung) an.
- Die Auszahlung dieser Rente kann unmittelbar nach Zahlung des Einmalbetrags beginnen oder zu einem späteren Zeitpunkt.
- Ihr Kapital wird hierbei vollständig aufgebraucht. Im Fall eines vorzeitigen Ablebens erhalten Erben lediglich die vereinbarte Todesfallleistung. Es können unterschiedliche Rentengarantiezeiten oder Todesfallsummen vereinbart werden. Je höher die Leistung im Todesfall, umso geringer fällt die Rente aus.
- Die Versicherer kalkulieren die Rente vorsichtig – und natürlich mit Gewinnmarge. Das bedeutet, dass Sie sehr alt werden müssen, um mehr zurückbekommen als Sie eingezahlt haben.
Beispiel
Sie zahlen mit 65 Jahren einmalig 100.000 Euro bei einem kostengünstigen Lebensversicherer ein.
- Sie erhalten dafür in etwa 270 Euro garantierte Monatsrente (vor Steuern), wenn im Todesfall das Restkapital vererbt werden soll (ohne Todesfallleistung 300 Euro).
- Um das eingezahlte Geld über die Garantierente zurückzuerhalten, müssten Sie über 96 Jahre alt werden. Ob der Versicherer Überschüsse erzielen wird und die Renten tatsächlich höher ausfallen werden, ist ungewiss.
Niemand weiß, wie alt man einmal werden wird. Für die Sicherheit einer lebenslangen Rente müssen Sie sich bei der privaten Leibrente mit eher niedrigen Renten zufriedengeben. Wenn Sie nur einen Teil Ihres Kapitals für eine Leibrente einsetzen, kann sich der übrige Teil aber eventuell noch vermehren (siehe dazu die folgenden Optionen).
Option 3
Einen Auszahlplan (Entnahmeplan) bei einer Bank abschließen
Dank der jüngst gestiegenen Zinsen bieten einige Banken und Bausparkassen wieder vermehrt Auszahlpläne an. Hier legen Sie eine größere Summe einmalig an und erhalten einen festen Zinssatz für eine feste Laufzeit. Das Finanzinstitut schreibt die Zinsen dem Auszahlplan gut, überweist Ihnen aber jeden Monat einen bestimmten Betrag.
Beispiel
Sie zahlen mit 65 Jahren einmalig 100.000 Euro in einen Auszahlplan ein und wollen sich eine Zusatzrente bis zu Ihrem 90. Lebensjahr sichern.
- Auszahlplan ohne Kapitalverzehr: Sie erhalten lediglich die Zinsen gutgeschrieben, im Todesfall wird die Anlagesumme vererbt. Derzeit sind bis zu 3,5 Prozent Zinsen möglich, was einer Zinszahlung von rund 292 Euro monatlich entspricht (vor Steuern).
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Auszahlplan mit Kapitalverzehr: Sie erhalten neben den Zinsen auch Ihre Anlagesumme vollständig ausgezahlt, in gleichbleibenden Raten bis zum 90. Lebensjahr. Bei 3,5 Prozent Zinsen macht das eine monatliche Zusatzrente von rund 496 Euro (vor Steuern).
Der Auszahlplan ist einfach, transparent und oft attraktiver als eine private Rente bei einem Lebensversicherer, weil die garantierten Zahlungen höher sind. Je nach Zinskondition ist es sogar möglich, dass ein Auszahlplan, bei dem das Kapital erhalten bleibt, gleich hohe oder höhere Renten anbietet als eine Lebensversicherung.
Sie können einen Auszahlplan auch mit anderen Anlagemöglichkeiten kombinieren. Einen Anbietervergleich finden Sie bei der Stiftung Warentest.
Option 4
Zinsangebote von Direktbanken: Festgeld oder Sparbriefe mit deutscher Einlagensicherung
Wenn Sie sich informieren (Anbietervergleich der Stiftung Warentest) und bereit sind, zu Direktbanken zu wechseln, erhalten Sie meist deutlich höhere Zinsen als bei Banken und Sparkassen vor Ort.
- Die Sicherheit ist nicht geringer als bei einer Bank vor Ort – vorausgesetzt Sie wählen ein Institut mit deutscher Einlagensicherung und begrenzen den Betrag auf 100.000 Euro je Kontoinhaber.
- Je länger die Laufzeit desto höher die Zinsen.
- Die Zinsen ändern sich während der Laufzeit nicht. Das ist positiv, falls die Zinsen in Zukunft gleich bleiben oder sinken. Sollten die Zinsen vor Ablauf der Laufzeit steigen, müssen Sie sich aber gedulden, bis Sie davon profitieren können.
- Derzeit werden bei 5- bis 10-jähriger Laufzeit um die 3 Prozent Zinsen angeboten.
Für eine regelmäßige zusätzliche Rente oder Liquidität können Sie hier das Baukastenprinzip anwenden und verschiedene Festgelder kombinieren, die der Reihe nach fällig werden (Zinstreppe oder Festgeldleiter).
Beispiel
Sie verfügen über 100.000 Euro, brauchen aber zunächst einmal nur 300 Euro pro Monat für die nächsten 3 Jahre. Über die übrige Anlagesumme wollen Sie frühestens in 3 Jahren verfügen. Um den monatlichen Bedarf zu decken, brauchen Sie 10.800 Euro, ohne Zinsen gerechnet. Für diesen Betrag reicht ein Tagesgeldkonto, ein Girokonto oder ein Sparbuch. Die restliche Summe können Sie als Zinstreppe, zum Beispiel wie folgt aufteilen:
- Sie legen 50.000 Euro in einem Sparbrief mit einer Laufzeit von 3 Jahren an. Dafür gibt es immerhin knapp 4 Prozent Zinsen pro Jahr oder insgesamt etwa 6.000 Euro.
- Sie legen 20.000 Euro in einem Sparbrief mit einer Laufzeit von 6 Jahren an. Dafür gibt es derzeit zwar etwas weniger Zinsen, aber diese sind Ihnen für 6 Jahre dafür sicher. Bei 3 Prozent Zinsen pro Jahr macht das 3.600 Euro.
- Den Rest über 19.200 Euro legen Sie in einem Sparbrief mit einer Laufzeit von 10 Jahren an. Dafür erhalten Sie rund 4 Prozent Zinsen pro Jahr oder insgesamt 7.680 Euro.
Sie können den Anlagebetrag auf beliebige verschiedene Laufzeiten aufteilen, ganz so wie Sie das möchten. Wie sich die Zinsen entwickeln werden, weiß heute sowieso niemand sicher. Steigen die Zinsen, sind langfristige Anlagen ärgerlich, fallen sie, freuen Sie sich über Ihren festen Zins. Legen Sie sich daher nur so lange fest an, wie Sie sich damit wohlfühlen.
Wenn Sie höhere Renditen anstreben oder Ihr Geld etwas breiter auch in sogenannte Sachwerte investieren wollen, müssen Sie zumindest mit Teilen Ihres Kapitals ein Risiko auf sich nehmen. Dann kommen beispielsweise, mit Teilbeträgen, Immobilienfonds und ETFs in Frage:
Option 4
Investition in Renten- und offene Immobilienfonds
Sie können Ihr Geld auch in mehrere eher sicherheitsorientierte Investmentfonds anlegen und diese nach Bedarf veräußern oder sich nur die Erträge auszahlen lassen. Hier kommen zwei Fondsarten in Frage. Die Rentenfonds und die offenen Immobilienfonds.
Rentenfonds investieren vorrangig in Schuldverschreibungen von Staaten oder Unternehmen. Je nach Anlageschwerpunkt winken hier Renditen von derzeit 2 bis 4 Prozent. Anders als das Festgeld schwankt der Wert der Fondsanteile börsentäglich ein wenig. Und wenn die Zinsen allgemein stark steigen, kann ein Rentenfonds zwischenzeitlich sogar erheblich an Wert einbüßen.
Mit offenen Immobilienfonds können Sie breit gestreut in Immobilien investieren, ohne direkt ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Die Fondsgesellschaft vermietet die Objekte und entscheidet darüber, welche Objekte gekauft und wann sie wieder verkauft werden. Sie erhalten die Erträge und haben die Chancen auf Wertsteigerungen, tragen dafür aber auch das Risiko von Wertverlusten.
- Bei einer Mischung aus Renten- und verschiedenen offenen Immobilienfonds können Sie derzeit Erträge von rund 2 bis 3 Prozent erzielen. Aktuell ist das weniger als bei Festgeld- oder Sparbrief-Konditionen von Direktbanken, aber mehr als viele Filialbanken für Zinsanlagen bieten. Und es besteht die Chance, dass die Erträge, bestehend aus Mieten und Wertsteigerungen, in Zukunft höher ausfallen werden.
- Wenn Sie Fonds mit Anlageschwerpunkt Europa bzw. Euro wählen, haben Sie keine bzw. geringere Währungsrisiken als bei Fonds, die in den USA oder Japan anlegen. Dafür verzichten Sie aber auf eine weltweite Streuung.
- Anbieterauswahl: Wählen Sie Fonds mit einem Fondsvolumen von über 500 Millionen Euro und geringen laufenden Kosten. Einen Anbietervergleich hat Stiftung Wartentest zuletzt im Mai 2020 veröffentlicht.
- Wie bei allen Fonds können Erträge und Kursgewinne nicht garantiert werden. Immobilienpreise sind ebenso wie Schuldverschreibungen Wertschwankungen unterworfen, weshalb zwischenzeitlich auch Kursverluste möglich sind.
Besonders wichtig bei offenen Immobilienfonds: sollte es zu einem plötzlichen Abzug von Geldern aus einem Immobilienfonds kommen, dann könnte der Fonds geschlossen werden. In so einem Fall müssten Sie dann einige Jahre warten bis alle Immobilien aus diesem Fonds verkauft und Sie ausgezahlt werden können. Alternativ wäre in so einem Fall zwar ein Verkauf an der Börse möglich, allerdings dann wohl nur mit Kursabschlägen. Deshalb sollten Sie den Teil der Anlagesumme, der in offene Immobilienfonds angelegt werden soll, immer auf mehrere Immobilienfonds verteilen.
Auf kurze Sicht mit hohen Wertschwankungen verbunden, aber rückblickend die höchste Rendite konnte man bisher am Aktienmarkt erzielen:
Option 5
Investition in Aktien-ETFs mit Auszahlplan
An der Rendite der Aktienmärkte können Sie sich mittels Indexfonds (ETFs) preiswert und effektiv beteiligen, wenn diese zum Beispiel die Aktienindizes MSCI AC World oder FTSE All-World nachbilden. Darin sind über 3.000 Aktien enthalten. Einzelaktien sind viel riskanter und aktiv verwaltete Fonds viel teurer – und damit die schlechtere Alternative.
- Die Rendite bei Aktien-ETFs setzt sich zusammen aus laufenden Erträgen (Dividendenzahlungen) und Kursveränderungen.
- Sie können derzeit mit rund zwei Prozent Dividendenrendite rechnen. Die Dividenden schwanken von Jahr zu Jahr längst nicht so sehr wie die Aktienkurse.
- Die Kursentwicklung ist dagegen unberechenbar. Gehen Sie immer davon aus, dass ein Crash möglich ist, bei dem sich die Kurse zeitweise halbieren. In der Vergangenheit haben sich die Kurse nach solchen Crashs immer wieder erholt. Wenn man Glück hatte, dauerte das nur wenige Monate oder Jahre. Manchmal musste man aber auch zehn bis 15 Jahre warten bis die Kurs nach einem Crash wieder alte Höhen erreicht haben
Statistik
Eine breit gestreute Einmalanlage in weltweite Aktien des MSCI World Index hatte nach 15 Jahren real, das heißt nach Abzug von Inflation und Kosten zwar in 99,3 Prozent aller 15-Jahres Zeiträume seit 1970 positive Renditen. 99 Prozent sind aber nicht 100 Prozent. Und diese Statistik gilt auch nur für Einmalanlagen. Mit unserem Rendite-Rechner können Sie sich über Rendite und Risiko genauer informieren.
Wie können Sie investieren?
Wie Sie vorgehen, wenn Sie Geld in ETFs anlegen möchten, können Sie in diesem Podcast nachhören. Worauf Sie beim ETF-Kauf achten sollten, lesen Sie im verlinkten Artikel.
Auszahlplan mit ETFs
Nach einer Faustformel könne man sich bei einer gestreuten Aktienanlage vier Prozent der Anlagesumme jährlich auszahlen lassen, ohne dass das Kapital auf Dauer aufgezehrt würde. Aber diese Faustformel funktioniert nicht zuverlässig, was insbesondere die Niedrigpreisphase gezeigt hat. Wenn Sie den Auszahlplan in einer Börsenphase starten, die über 10 Jahre hinweg keine Rendite abwirft, reicht das Geld nicht so lange wie geplant.
Fazit: Eine pauschale Lösung gibt es nicht, Ihr Bedarf ist entscheidend!
Welche dieser verschiedenen Optionen für Sie die richtigen sind oder welche Mischung Ihrem Bedarf entspricht, lässt sich pauschal nicht sagen. Es hängt vor allem davon ab, ob Sie zwischenzeitliche Verlustrisiken tragen möchten und wie flexibel Sie an Ihr Geld kommen müssen. Wie auch immer Sie anlegen, den Kaufkraftverlust durch Inflation tragen Sie in jedem Fall, denn eine sichere Geldanlage mit Inflationsausgleich gibt es nicht. Denken Sie daher auch an einen eventuell steigenden Rentenbedarf bei Ihrer Planung.
Im Einzelfall haben die Alternativen auch erhebliche steuerliche Unterschiede hinsichtlich der Behandlung von Einzahlungen, Erträgen und Auszahlungen sowie der Leistung im Todesfall. Wenn Sie sich dazu bei Banken, Versicherungsvermittlern und Fondsverkäufern beraten lassen, ist wegen ihrer Provisionsinteressen immer eine gesunde Portion Skepsis angebracht.
Haben Sie weitere Fragen? Gerne können Sie sich für eine Beratung an die Verbraucherzentralen wenden.